Dr. Gero Hocker

Heuschrecken auf dem Teller?

Ein Nachtmarkt in Bangkok ist ein Fest für die Sinne. Die Geräusche von lautem Handel und den Klängen von Kochgeschirr und Garküchen erfüllen die Ohren. Die Atmosphäre ist belebt und geschäftig, mit Menschenmassen, die zwischen den Ständen hin und her laufen und versuchen, einen Platz zum Essen oder einen Stand mit den besten Köstlichkeiten zu finden. Und die Luft ist erfüllt mit den Aromen von gebratenem Fleisch, Gewürzen, Fisch, exotischen Früchten und Insekten.

Richtig, Insekten! Denn während hierzulande Insekten noch keinen Siegeszug in unseren Küchen feiern konnten, gehören sie in anderen Ländern der Welt fest zum Speiseplan dazu. In Mexiko zum Beispiel Chapulines (Grillen), Escamoles (Ameisenlarven) und Chinicuiles (Würmer). In Kamerun werden Termiten als Delikatesse betrachtet und sind ein wichtiger Bestandteil der Ernährung in einigen Regionen des Landes. Und in Thailand sind eben Insekten wie Heuschrecken, Grillen, Seidenraupen und Wasserkäfer eine beliebte Snack-Option.

Einige Schätzungen deuten darauf hin, dass weltweit bis zu 2 Milliarden Menschen regelmäßig Insekten essen, insbesondere Grillen, Heuschrecken und Maden, wobei weltweit etwa 1.900 verschiedene Arten von Insekten als Nahrungsmittel genutzt werden. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Verzehr in vielen Teilen der Welt nicht nur aus Gründen der Ernährung, sondern auch aus kulturellen, ökologischen und wirtschaftlichen Aspekten stattfindet. Insekten haben einen hohen Nährwert und sind eine nachhaltige Proteinquelle, die weniger Ressourcen benötigt als die Produktion von Fleisch.

Essgewohnheiten sind ein komplexes Zusammenspiel aus kulturellen, sozialen, ökonomischen und persönlichen Faktoren, die als wichtiger Bestandteil der Identität einer Gemeinschaft im Laufe der Zeit Veränderungen erfahren können. Erst nachdem die EU die Insekten auf gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft hat, ist seit 2021 die Inverkehrbringung des Mehlwurms als auch der Europäischen Wanderheuschrecke erlaubt. Zu Beginn dieses Jahres kamen noch die Hausgrille und der Getreideschimmelkäfer dazu, deren Pulver ab sofort beispielsweise in Mehrkornbrötchen oder Suppen verwendet werden darf, wobei insbesondere der hohe Proteinanteil von über 55 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm für diese Zutat spricht.

Auch wenn Tierrechtsorganisationen wie PETA gegen den Verzehr von Insekten mobil machen, gilt auch hier: Am Ende muss der Verbraucher entscheiden können, nicht in erster Linie die Politik! Deshalb ist die Zulassung von Insekten nach einer Unbedenklichkeitsprüfung richtig, die Transparenz im Anschluss aber das A und O. Sobald ein Lebensmittel Insekten enthält, muss dies in der Zutatenliste klar gekennzeichnet sein! Gerade für Menschen, die Allergien gegen Krebstiere oder Hausstaubmilben haben, ist der entsprechende Hinweis in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste unabdingbar.

Dass Insekten unsere Supermarktregale überfluten, ist indes nicht zu befürchten. Denn erstens darf für fünf Jahre nur jeweils das antragsstellende Unternehmen die Insektenart in den Verkehr bringen und zweitens sind die Kosten bei den geringen Stückzahlen noch viel zu hoch. Doch die politische Öffnung für solche Produkte erlaubt es jetzt, die Angebotsvielfalt in Deutschland auszuweiten – damit jeder nach seinen individuellen Vorlieben einkaufen kann!