Dr. Gero Hocker

Herausforderungen und Chancen für Deutschland

Unser Land steht derzeit vor großen Herausforderungen im Äußeren sowie im Inneren. Die zukünftige Wirtschafts- und Handelspolitik der USA – Stichwort Zölle – wird den Wohlstand der Menschen diesseits und jenseits des Atlantiks beeinflussen. Das Vorgehen der USA im Krieg Russlands gegen die Ukraine wird Einfluss auf die gesamte Sicherheitsarchitektur Europas und weltweit haben. Zusätzlich dazu haben wir derzeit nicht zuletzt in unserem eigenen Land mit erheblichen Herausforderungen zu kämpfen, etwa der wirtschaftlichen Rezession und ihren Folgen sowie der zukünftigen Steuerung der Migration. Die Politik hat in den 16 Jahren der Kanzlerschaft Angela Merkels und auch in der Ampelkoalition keine ausreichenden Antworten auf diese Probleme gefunden und umgesetzt. Nicht zuletzt dies hat zum Erstarken der extremen politischen Ränder in Deutschland geführt. Dadurch ergibt sich nun zunehmend ein Teufelskreis. Denn die extreme Rechte und Linke hat kein Interesse daran, Probleme tatsächlich zu lösen. Vielmehr sind die Probleme ihre Existenzgrundlage. Deshalb hat die politische Mitte in der nächsten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages vielleicht die letzte Chance, die Probleme Deutschlands für eine große Mehrheit der Bevölkerung unseres Landes zufriedenstellend zu lösen. Aus dieser enormen Herausforderung kann ein Neuanfang entstehen, der viel Gutes bewirken kann.

Deutschland kann den strukturellen Herausforderungen für das Wirtschaftswachstum und die öffentlichen Haushalte nur dann erfolgreich begegnen, wenn es sich wieder auf die ordnungspolitische Tradition der Sozialen Marktwirtschaft besinnt. Unser Land braucht deshalb eine grundsätzliche Neuausrichtung seiner Wirtschaftspolitik. Damit kann das Vertrauen von Unternehmen und privaten Haushalten gestärkt werden, sodass ein sich selbst verstärkender Prozess wirtschaftlicher Dynamik in Gang kommt – und an dessen Ende neue internationale Standortattraktivität für Unternehmen, Kapital und nicht zuletzt die Menschen hierzulande steht. Erfolgreiche Turn-Around-Stories weltweit und der Blick in die deutsche Wirtschaftsgeschichte zeigen: Es geht. Dafür braucht es etwa einen Stopp bei neuen Regulierungen, eine Abschaffung bzw. Erleichterung bei Nachweis- und Berichtspflichten, die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags und Steuersenkungen, das Ende des nationalen Sonderwegs in der Klimapolitik und einen Abbau monetärer Fehlanreize bei Arbeitsaufnahme und -ausweitung. Für eine neue Bundesregierung gibt es in der Wirtschaftspolitik also einiges zu tun. Es gilt, die Chancen für unser Land zu nutzen.

Eine weitere starke Unterstützung der Ukraine ist nicht nur in ihrem, sondern auch im Interesse der Sicherheit ganz Westeuropas. Das stand und steht für uns Freie Demokraten nicht in Frage. Kanzler Scholz hat jedoch diese wichtige Thematik in den vergangenen Monaten verbunden mit der seiner Meinung nach dafür notwendigen Aussetzung der Schuldenbremse und damit Wahlkampf auf dem Rücken der ukrainischen Kriegsopfer, Kinder und Krankenhäuser geführt, die auf diese Gelder angewiesen sind. Christian Lindner hat als Finanzminister im Rahmen der G7 und der EU im vergangenen Jahr mit dafür gesorgt, dass ein internationaler Kredit an die Ukraine in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar so rechtzeitig aufgesetzt wurde, dass er unabhängig von den Wahlen in den USA greift. Darüber hinaus haben wir Freie Demokraten uns seit Monaten für die Lieferung der von der Ukraine dringend geforderten Taurus-Raketen eingesetzt. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch am Widerstand der SPD. Stattdessen wollte der Kanzler die notwendige Unterstützung der Ukraine für ein Schleifen der von der Sozialdemokratie gehassten Schuldenbremse missbrauchen, ohne dabei aber auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Ukraine überhaupt einzugehen. Auch in diesem wichtigen Feld muss eine neue Bundesregierung endlich alle Optionen erwägen. Nicht zuletzt in der Frage der weiteren Unterstützung der Ukraine ist übrigens eine Aufrechterhaltung und ein weiterer Ausbau der Beziehungen Deutschlands und Europas zu den USA von entscheidender Bedeutung. Da hilft es nicht - wie viele Akteure dieser Tage - eine Verschlechterung geradezu herbeizureden. Vielmehr gilt es nun, alle diplomatischen Mittel bestmöglich zu nutzen, um schlussendlich zu guten Lösungen für die Menschen diesseits und jenseits des Atlantiks zu kommen.

Liberale Demokratien müssen zeigen, dass Migration rechtsstaatlich gesteuert, geordnet und begrenzt werden kann. Die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz für Einwanderung hängt mit politischen Entscheidungen für mehr Ordnung und Kontrolle zusammen. Deutschland braucht mehr reguläre Einwanderung in den Arbeitsmarkt und weniger irreguläre Migration von Menschen, die in Deutschland kein Bleiberecht erlangen können. Dazu braucht es eine neue Realpolitik in der Migration. Wir Freie Demokraten wollen Einwanderung im Interesse der Gesellschaft ermöglichen und irreguläre Migration verhindern. Es wäre fatal, die Weltoffenheit Deutschlands aufs Spiel zu setzen. Deutschland ist ein Einwanderungsland und profitiert von Menschen, die sich durch Arbeit und Leistung bei uns eine Zukunft aufbauen und Teil unserer Gesellschaft werden wollen. Diesem migrations- und integrationspolitischen Leitbild sollte sich eine neue Bundesregierung verpflichtet fühlen und entsprechende Maßnahmen stringent umsetzen.

Einen Neuanfang braucht unser Land in diesen drei wichtigen Bereichen und darüber hinaus dringender denn je. Nun sind am 23. Februar 2025 die Bürger gefragt, über den künftigen Weg zu entscheiden. Als FDP-Fraktion wollen und müssen wir im nächsten deutschen Bundestag mit einer starken liberalen Stimme dazu beitragen, dass Deutschland wieder den richtigen Weg beschreitet und Chancen für das Land und seine Bürger nutzt.