Glyphosat wieder zulassen
Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat Anfang Juli im Rahmen der routinemäßigen Neubewertung ihre Untersuchungsergebnisse des Pflanzenschutzwirkstoffs Glyphosat vorgelegt. Sie sieht keine Gründe, die gegen eine erneute Zulassung von Glyphosat in der EU sprechen. Die durch die Hersteller beantragte Wiederzulassung kann somit erfolgen. Auf dieser Basis hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Zulassungsverlängerung für Glyphosat vorgelegt. Aufgrund der bestehenden Erkenntnisse wäre eine Zustimmung der Bundesregierung zur Wiederzulassung richtig.
Die Grünen haben dazu jedoch eine andere Auffassung. Deshalb war die Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung zur Glyphosatzulassung auf EU-Ebene die logische Folge. Dies ist das normale Vorgehen, wenn Koalitionspartner verschiedene Überzeugungen vertreten. Seit Jahren streitet die FDP für wissenschaftsbasierte Entscheidungen in der Landwirtschaft. Eine Ablehnung der neuerlichen Zulassung trotz eindeutiger Erkenntnisse der EFSA wäre unwissenschaftlich und irrational gewesen. Das sieht offensichtlich auch die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten so. Bei der Abstimmung im zuständigen EU-Ausschuss haben 18 Länder für die Wiederzulassung und nur drei dagegen gestimmt. Sechs haben sich enthalten. Weil eine qualifizierte Mehrheit auf EU-Ebene für oder gegen einen Vorschlag der Kommission aber nur zustande kommt, wenn die dafür bzw. dagegen stimmenden Nationen gleichzeitig 65 Prozent der Bevölkerung der EU hinter sich vereinen, wurde die Wiederzulassung weder beschlossen noch abgelehnt. Allein die Enthaltungen der bevölkerungsreichsten Länder Deutschland und Frankreich erschweren ein eindeutiges Votum deutlich.
Nun bleibt zu hoffen, dass im November bei der erneuten Abstimmung eine Einigung zustande kommt, die eine Wiederzulassung ermöglicht. Andernfalls sollte spätestens die Kommission im Dezember für die weitere Zulassung von Glyphosat stimmen, die dann unabhängig vom Votum der Mitgliedsstaaten entscheiden kann. Dies wird nicht nur der Landwirtschaft zugutekommen, sondern auch dem Naturschutz und der biologischen Vielfalt dienen. Vor allem aber stärkt es die Ernährungssicherheit in schwierigen Zeiten.
Die durch die EFSA vorgelegten Erkenntnisse zeigen erneut, dass die voreilige und faktenfreie Entscheidung der GroKo und ihrer damaligen Landwirtschaftsministerin Klöckner, Glyphosat in Deutschland ab 2024 durch eine Änderung der Pflanzenschutzanwendungsverordnung zu verbieten, falsch war. Denn eine Entscheidung darüber sollte ausschließlich auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse erfolgen. Diese hat die EFSA vorgelegt. Die Formulierung im Koalitionsvertrag „Wir nehmen Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt.“ ist insofern lediglich die Wiedergabe der aktuell geltenden Rechtslage in Deutschland. An gleicher Stelle im Koalitionsvertrag steht: „Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln muss transparent und rechtssicher nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgen, bestehende Lücken auf europäischer Ebene werden geschlossen. Gleichzeitig muss eine schnellere Entscheidung stattfinden.“ Auch daraus sollte eine Wiederzulassung von Glyphosat auf EU-Ebene folgen. Dies eröffnet dann auch die Möglichkeit einer erneuten Zulassung in Deutschland.
Glyphosat ist einer der am besten erforschten und sichersten Wirkstoffe im Pflanzenschutz. Für die Landwirtschaft hat es in der konservierenden umweltschonenden Bodenbewirtschaftung eine große Bedeutung. So ist pfluglose beziehungsweise bodenschonende Bearbeitung erst durch den Einsatz dieses Wirkstoffs möglich geworden. Statt den Boden mithilfe großen Energieaufwands zu wenden und immer wieder zu bearbeiten, reicht zur Unkrautbekämpfung eine einfache Überfahrt aus. Dies spart unnötige Emissionen und kommt dem Bodenleben zugute.
Der Wirkstoff Glyphosat wird von einigen NGOs und Politikern missbraucht, um gegen die moderne Landwirtschaft zu Felde zu ziehen. Dabei wurde durch die absichtliche Falschinterpretation von Untersuchungsergebnissen etwa bezüglich des Krebsrisikos von Glyphopsat versucht, faktenfrei Angst in der Bevölkerung zu erzeugen. Wer allerdings politische Entscheidungen auf Grundlage wissenschaftlicher Fakten trifft, für den ist die Wiederzulassung auf EU-Ebene alternativlos. Eine Politisierung wissenschaftlicher Fakten bringt auch für Verbraucher und Umwelt Schaden statt Nutzen.
Das Argument der Grünen, Glyphosat töte bei einer Behandlung alle Pflanzen und sei daher schädlich für Insekten, läuft völlig ins Leere. Wird der durch Ungräser und Unkräuter für die Kulturpflanzen erzeugte Konkurrenzdruck nicht durch Pflanzenschutzmittel reduziert, müssen vermehrte Bodenbearbeitung und etwa im Biolandbau das „Striegeln“ des gesamten Pflanzenbestandes zum Einsatz kommen, um letztlich mit erhöhtem Aufwand das gleiche Ziel zu erreichen. Das ist für bodenbrütende Vögel und andere Tiere oft das Todesurteil.
Insbesondere seit der Einstufung von Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ durch die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), eine Agentur der WHO, gab es eine kontroverse öffentliche Diskussion über diesen Wirkstoff und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im allgemeinen. Die IARC hat im Unterschied zu anderen veröffentlichten Studien aber unabhängig von Wahrscheinlichkeiten für eine Gefährdung und konkreten Bedingungen der Anwendung untersucht. Lediglich eine von bisher ca. 1000 durch die IARC untersuchten Substanzen wurde in die unkritischste Kategorie 4 (wahrscheinlich nicht krebserregend) eingeordnet. Und genau hier liegt das Problem: Ist die Dosis nur hoch genug, können mit jeder Substanz die genannten negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit erzeugt werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hält Glyphosat unter den in der EU gegebenen Anwendungsbestimmungen in der Landwirtschaft für nicht gefährlich für den Menschen. Das bestätigt auch ein Gutachten des Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR), ein Fachgremium, an dem die WHO (wie bei der IARC) ebenfalls beteiligt ist. Dieses Gutachten hat im Gegensatz zur IARC-Untersuchung eine Risikobewertung vorgenommen.
Somit liegen viele gute Gründe vor, die für eine Wiederzulassung von Glyphosat sprechen. Im Sinne der Landwirtschaft, nicht zuletzt aber auch der Verbraucher und der Umwelt in Europa und Deutschland ist zu hoffen, dass diese in den verbleibenden Abstimmungen auf EU-Ebene schlussendlich auch zustande kommt. Dafür sollten auch die Grünen sowie Minister Özdemir ihre Positionierung noch einmal überdenken.