Dr. Gero Hocker

Brüssels Pläne über die Zukunft unserer Krabbenbrötchen

Man kann es sich bildlich vorstellen: Es ist Fangsaison an der Nordseeküste und die Krabbenkutter schaukeln bei Flut am frühen Morgen auf den Wellen. Sobald der Wasserstand passt, werden die Netze bis auf den Grund gelassen, dorthin, wo die Nordseegarnelen krabbeln. Die Netze berühren den Grund nur von Zeit zu Zeit, während über der Nordsee langsam die Sonne aufgeht. Nach einiger Zeit werden die Netze wieder an Bord gezogen, wo die Krabben sofort sortiert und verpackt werden. Die Fischer reden nicht viel, aber jeder Handschlag sitzt. In der Hoffnung einen guten Preis für den Fang und die harte Arbeit zu erhalten, wird der Hafen angesteuert und die Krabben vermarktet.

Doch in letzter Zeit steht es schlecht um die Tradition der Krabbenfischerei. Fangbeschränkungen machten den Fischern in der Vergangenheit Jahr für Jahr mehr zu schaffen. Als nach den Auswirkungen der Coronapandemie im Jahr 2021 als Folge auf die Sanktionen gegen Russland auch noch die Betriebskosten explodierten, weil z. B. Treibstoffpreise in die Höhe schossen, mussten viele Unternehmer ihre Kutter trotz guter Fangsaison im Hafen liegen lassen. Hätten sie gefischt, hätten sie dadurch noch Geld verloren. Immer mehr Fischerfamilien gaben ihr Handwerk auf, es war eine ganze Branche in Not. 

Verständlich ist daher der große Ärger, als die EU-Kommission im Februar mit ihrem Aktionsplan „Schutz und Wiederherstellung der Meeresökosysteme für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei“ den Plan vorstellte, die Schleppnetzfischerei in den Schutzgebieten in Nord- und Ostsee zu verbieten. Ein pauschales Verbot der Grundschleppnetzfischerei würde jegliche Bemühungen für mehr Nachhaltigkeit und Innovation zunichtemachen. Bisherige Erfolge des differenzierten Vorgehens, das verschiedene Schutzziele sowie wirtschaftliche Belange miteinander vereinbart, wären vergebens. Diese Botschaft habe ich auch auf der Demonstration des Fischereiverbandes zur Agrarministerkonferenz auf Büsum verkündet. Denn wir dürfen nicht zulassen, unsere eigene Wirtschaft durch Überregulation zu zerstören und der Auslagerung der Produktion ins Ausland damit Tür und Tor zu öffnen. 
Wer möchte, dass Fischbrötchen und Krabbensalat auch zukünftig von unserer Küste kommen und nicht ausschließlich aus Drittstaaten importiert werden, bei denen weder Natur-, noch Tier- oder Arbeiterschutz eine Rolle spielen, sollte bei pauschalen Verboten vorsichtig sein. Stattdessen müssen in Zukunft konstruktive Lösungen gemeinsam mit den Krabbenfischern entwickelt werden, die den Meeresschutz sicherstellen und gleichzeitig eine Zukunftsperspektive für deutsche Krabbenfischerei ermöglichen. Begrüßenswert ist daher, dass auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir erkannt hat, dass ein undifferenziertes Pauschalverbot der falsche Weg wäre und dass Deutschland daher in Brüssel Widerstand gegen die vorgestellten Pläne gezeigt hat. Aber Lippenbekenntnisse reichen nicht! Wer wirklich die Situation der Fischer verbessern möchte, muss den Worten Taten folgen lassen!